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Taxonomie: Kann Atomkraft nachhaltig sein?

12. Januar 2022

Allgemeines · Wissen

Bevor sie für Unternehmen überhaupt richtig greift, wird die Taxonomie im Entwurf schon zum Rechtsfall. Das Jahr 2022 hat mit der Auseinandersetzung darüber begonnen, ob Atomkraft unter bestimmten Voraussetzungen als nachhaltig einzustufen ist. Der jüngst veröffentlichte Entwurf der EU-Kommission sieht vor, dass Investitionen in entsprechende Anlagen unter Umständen als nachhaltig gelten können. Nämlich dann, wenn sie auf dem technisch neusten Stand sind und bis zum Jahr 2045 eine Baugenehmigung vorliegt, wie das Magazin DAS INVESTMENT zusammenfasst. Der Haken für die Betreiber liegt darin, dass sie bis spätestens 2050 darlegen sollen, wie sie die entstehenden radioaktiven Abfälle zu entsorgen gedenken. Die Abfälle wie im Fall von Fukushima einfach ins Meer zu kippen, dürfte jedoch mit anderen Nachhaltigkeitszielen im Konflikt stehen und deshalb keine Option sein. Während die EU-Kommission die Generierung von Atomstrom als nachhaltig einstuft, tut sie dies nicht zwangsläufig mit den Hinterlassenschaften.

Was die EU-Kommission dazu bewegt hat, ihren Vorschlag zu Erdgas- und Kernaktivitäten ausgerechnet am Silvesterabend 2021 vorzulegen, lässt sich an dieser Stelle nicht eruieren. Sollte der Plan gewesen sein, dies strittige Thema möglichst geräuschlos abzuhandeln, so ist er nicht aufgegangen. Selten hat eine Idee aus Brüssel derartig hohe Wellen geschlagen und den medialen Jahresauftakt dominiert. Dabei wird wahrscheinlich alles halb so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Nach Einschätzung der Börsen-Zeitung (Paywall) wird die Bundesregierung sich mutmaßlich bei der Abstimmung enthalten. Wobei diese Entscheidung wahrscheinlich weniger von sachlichen Erwägungen im Hinblick auf das Risiko eines nuklearen GAU getrieben werden wird, als von der schlichten politischen Tatsache, dass in Frankreich Wahlen anstehen.

Was auch immer am Ende herauskommen mag, es zeigt sich in diesem Vorgang die Schwäche der Taxonomie. Anstelle eines schlichten Regelwerks, an dem sich Unternehmen bei der operativen Tätigkeit und in ihrer Berichterstattung orientieren können, stehen politische Interessen im Vordergrund. Bereits jetzt bringen sich die Jurist:innen der jeweiligen Lager in Stellung, um gegen die Taxonomie zu klagen – wie die FAZ (Paywall) hervorhebt. Dabei handelt es sich immer noch um einen Entwurf, über den nach ursprünglichem Zeitplan bereits 2020 hätte entschieden werden sollen.

Wer sich dennoch informieren möchte, was für sein Unternehmen zu erwarten ist, dem sei die gestern erschienene Übersicht aus dem Hause EQS empfohlen. (cbl)