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Wie transparent sind Ratingagenturen?

14. Oktober 2021

Allgemeines

Sie wollen und sollen für Durchblick in Sachen Nachhaltigkeit von Unternehmen sorgen, aber wenn es um ihr Vorgehen und ihre jeweilige Methodik geht, halten sie sich gerne bedeckt. Die Rede ist von Agenturen, die ESG-Ratings erstellen. Zu den Bekanntesten gehören MSCI, ISS-oekom, Sustainalytics, Vigeo Eiris oder CDP. Die Team-Mitglieder in IR- und Nachhaltigkeitsabteilungen verbinden mit ihnen oft an erster Stelle eins: viel Arbeit. Aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweisen erfordern die Anfragen der Agenturen eine recht individuelle Bereitstellung der gewünschten Antworten. Da man gut abschneiden möchte, gleichzeitig noch nicht herausgefunden hat, welches Rating wirklich bei den Investoren relevant ist, wird lieber ein Fragebogen zu viel als einer zu wenig bearbeitet.

Wer wie wir nach Informationen über die Vorgehensweisen und Methoden der einzelnen Anbieter sucht, findet in der Regel nur wenig Brauchbares. Eine unbefriedigende Situation, nicht allein für die gerateten Unternehmen. Der Analyst und Finanzjournalist Christian Hiller von Gaertringen hat sich die Situation durch die Brille von Investoren angesehen und mit spitzer Feder aufgegriffen. Auf der Investorenplattform CAPinside schreibt er:

Kaum ein Bereich im Finanzgeschäft ist so intransparent wie nachhaltige Geldanlagen. Und wir alle wissen, oft aus schmerzlicher Erfahrung: Intransparenz im Finanzgeschäft ist der ideale Nährboden für Manipulationen und Anlagebetrug. Vor drei Jahren hatte die Nachhaltigkeitsbranche ihren ersten großen Anlageskandal: Im Jahr 2018 stürzte die Investmentbank Abraaj, die sich als erste mit Impact Investing befasst hatte, zusammen. Sie hatte ungedeckte Verbindlichkeiten von 1,1 Milliarden Dollar aufgehäuft und hunderte von Millionen Dollar ihrer Anleger veruntreut. Von dem Betrug waren Institutionen wie die Gates Foundation, aber auch die KfW betroffen. Der Fall Abraaj hat kein Umdenken bei nachhaltigen Geldanlagen ausgelöst.“

Christian Hiller von Gaertringen auf CAPinside – Nachhaltiges Investieren braucht mehr Transparenz

Kreditratings als Beispiel, wie es besser geht

Hiller verweist auf das Vorgehen bei den Kreditratings, hier seien die Agenturen verpflichtet, ihre Methodik zu veröffentlichen. So könne jeder Investor nachschauen, wie eine Ratingagentur vorgeht und wie sich die Ratingagenturen voneinander unterscheiden – ein Vorteil auch für die bewerteten Unternehmen. Auch hier hätten sich die drei großen Anbieter Fitch, Moody’s und S&P anfänglich mit Händen und Füßen gegen die Transparenz zur Wehr gesetzt. Doch die Bilanz nach zehn Jahren sei positiv: Allein der Zwang, Ratingkriterien zu veröffentlichen, habe die Qualität der Ratingmethodik verbessert, gleichzeitig sei die Korrelation unter den Ratings sehr hoch. In Sachen Nachhaltigkeit zeigten Studien dagegeben große Abweichungen.

„Auch bei nachhaltigen Geldanlagen wäre es wäre ein großer Schritt nach vorn, wenn die Ratingagenturen, die Indexanbieter und Fondsgesellschaften ihre Methodik offenlegen müssten. Dieser scheinbar kleine Schritt würde zu einem Qualitätswettbewerb im Bereich der Nachhaltigkeitsratings führen.“

Christian Hiller von Gaertringen auf CAPinside – Nachhaltiges Investieren braucht mehr Transparenz

Die Forderung dürfte nicht nur bei Investoren Unterstützung hervorrufen. Eine Liste der Anbieter, ihrer Ansätze, Merkmale und Zielsetzungen werden wir Ihnen in Kürze in unserer Rubrik Wissen vorlegen. (fra)