Unsere MissionTeamKontaktImpressum

Trotz Taxonomie: ESG ist noch eine Buchstabensuppe für Fondsanbieter

7. November 2022

Allgemeines · Service

Begriffe können sehr verwirrend sein und es scheint, als würde gerade bei der Nachhaltigkeit das Ausmaß an unterschiedlicher Interpretation eher zu- als abnehmen. Im persönlichen Gespräch beklagte die Nachhaltigkeitsexpertin eines der weltweit größten Asset Manager, mittlerweile sei eine große Buchstabensuppe für Investoren entstanden, aus der sich jeder herausfischt, was er gerne mag. Dabei spielen nicht nur geografische Unterschiede eine Rolle (wir berichteten), sondern auch die mangelnde Klarheit über die Verfügbarkeit und Aussagekraft entsprechender Datengrundlagen. Die Taxonomie befindet sich noch auf der Stufe eines Reporting-Tools mit überschaubarem Nutzen für Investoren. Um die SFDR ist es nicht gerade besser bestellt.

Taxonomie schafft bislang wenig Klarheit

Aus Sicht der Kapitalgeber hat es die Taxonomie noch nicht zu einem Erfolgsschlager geschafft. Das geht aus einem Bericht der Deutschen Pensions- & Investmentnachrichten (dpn) hervor. Er bezieht sich auf eine Umfrage im Auftrag des Bundesumweltministeriums unter 21 europäischen Asset Managern, Asset Ownern und Verbänden sowie die Analyse der Prospekte von über 200 Fonds, die nach Artikel 8 und 9 aufgelegt sind. Demnach wenden europäische Asset Manager und Asset Owner die EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten bislang nur wenig an, um die Nachhaltigkeit ihrer Finanzprodukte zu steuern und nachzuweisen. Aufgrund fehlender Daten und Erfahrungen sowie den vielen Baustellen bei der Finalisierung der Taxonomie, sei es kaum möglich, taxonomiekonform zu investieren.

Orientierungslosigkeit macht sich breit

Die Komplexität und mangelnde Vergleichbarkeit der Daten sowie die unterschiedlichen Zieldefinitionen münden offenbar in einer Orientierungslosigkeit unter den Fondsanbietern. Dazu kommt, dass die ESG-Fondsregeln in Europa (= Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR)) unter Beschuss der Regulierungsbehörden gelangen, wie es in einem Bloomberg-Artikel heißt. So distanziere sich die britische Finanzaufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) von einigen der Hauptmerkmale der europäischen Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte. Ihrer Meinung nach führen die Regeln eher zu einem ESG-„Wettbewerb“ unter den Fondsmanagern als zu einer Verbesserung der Transparenz. Die ESMA stoße ins gleiche Horn, wenn sie die mangelnde Klarheit der Vorschriften beklage bei so grundlegenden ESG-Konzepten wie „nachhaltige Investitionen“.

Beiden Artikeln ist zu entnehmen, dass es sich eher um eine Beschreibung des aktuellen status quo handelt. Die Taxonomie wie auch die SFDR stehen erst am Anfang und befinden sich noch im Prozess der Anpassung und Heranreifung, bis sie wirklich zur Erfolgsstory werden. Bleibt diesmal zu hoffen, dass sich die Buchstabensuppe für Investoren bald mehr in einen Einheitsbrei wandelt. (cbl)