Bei Hauptversammlungen steht schon de jure das Thema ESG im Brennpunkt. Als eines der drei Entscheidungsorgane einer Aktiengesellschaft dreht sich auf dem Treffen der Anteilseigner per Definition fast alles um das G – die Unternehmensführung (= Governance). In den vergangenen Jahren kam schon verstärkt das doppelte G zum Tragen – die „gute Unternehmensführung“. Themen wie eine diverse Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat und deren angemessene Vergütung rückten regelmäßig in den Blickpunkt.

Mit der allgemein zunehmenden Bedeutung von ESG-Aspekten gewinnen auch Umwelt- und soziale Fragen an Gewicht. Und dabei geht es nicht allein um die Frage, wer die erste klimaneutrale HV ausrichten wird (obwohl natürlich auch spannend ist, wer sich diese Trophäe sichern wird – wir bitten um Nachricht an redaktion@esg-news.online , falls Ihnen diese über den Weg laufen sollte).

„Bei institutionellen Investoren und Stimmrechtsberatern fließen ESG-Faktoren in das Abstimmungsverhalten bzw. ihre Abstimmungsempfehlungen ein und haben damit unmittelbare Relevanz für die Beschlussfassungen in der Hauptversammlung“, schreibt Gudrun Moll von Pinsent Masons in einem Beitrag für das Going Public Magazin.

Darin führt sie beispielsweise aus, in welchen Fällen für eine Ablehnung der Entlastung von Vorstand bzw. Aufsichtsrat gestimmt werden könnte. Dazu zählt sie:

• Versäumnisse in Bezug auf ESG-Fragen, insbesondere deutliche und nachhaltige Verstöße gegen allgemein anerkannte Standards und Normen in den Bereichen Umwelt, Menschenrechte und Arbeitsrechte
• Das Fehlen eines explizit für ESG-Fragen zuständigen Vorstandsmitglieds;
• Mängel bei der Offenlegung von Klimarisiken auftreten;
• Keine Berücksichtigung von ESG-Zielen im Vergütungssystem des Vorstands.

Welchen Einfluss Investoren diesbezüglich ausüben können, war bereits in der abgelaufen HV-Saison bei Ölkonzernen wie Exxon zu beobachten (s. Handelsblatt-Bericht, Paywall!), wo Investoren Aufsichtsratsmitglieder durchsetzten, die den Vorständen beim Thema Klimaschutz genauer auf die Finger schauen sollen. Es ist davon auszugehen, dass der Trend zum genaueren Hinschauen bei Umwelt- und sozialen Themen an breite gewinnen wird und mehr und mehr Unternehmen in den HVs tangieren wird. (fra)